Nächstes Jahr

Je älter man wird, desto öfter fällt an Silvester der Spruch „Nächstes Jahr wird alles besser“

Auch wenn man es selbst nicht sagt, irgendwer sagt es garantiert. Irgendwer steckt garantiert in dem Hamsterrad der Misserfolge und Schicksalsschlägen. Und irgendwer fragt sich, wann es wohl aufhört und man auch nur einen einzigen Tag ohne Katastrophen hat, einen Tag, der total langweilig ist, ein ganz normaler Tag. An dem man aufsteht, frühstückt, seinen normalen Kram erledigt, alles ist Routine und abends geht man wieder ins Bett.

Klingt langweilig und spröde, denkst Du jetzt bestimmt. Aber ich finde es klingt herrlich entspannt und nahezu perfekt. Und je älter ich werde, um so mehr solcher Tage wünsche ich mir. Das ich mal in den Stall komme, ohne dass der Tierarzt gerade auf dem Hof ist oder davon fährt, dass wir eine schöne Hunderunde machen, vielleicht ausnahmsweise nicht im Regen mit Hunden, die einfach ihren Spaß haben. Das man nicht immer mit dem schlimmsten rechnet, wenn das Handy sagt, es gibt neue Nachrichten. Ich rede ja nicht davon, dass ich Kriege und Umweltkatastrophen abschaffen möchte, wobei das natürlich auch ein Traum wäre. Ich rede von einem ganz normalen Tag in meinem kleinen Leben, einfach so.

Oder wenn schon „neuer“ Kram „on top“ kommt, könnte dann bitte unten auf der Liste was weggestrichen werden, oder vielleicht einfach nur mal gut sein?

Letztens hatte ich ein Gespräch mit einer Bekannten dazu, die momentan auch echt viel „on top“ hat. Und wir beide haben uns gefragt, wieviel man eigentlich so ertragen kann. Und wie verständlich es ist, dass es Menschen gibt, die mit all dem überfordert sind und warum mittlerweile jeder jemanden kennt, der eine Depression hat oder selbst dranleidet.

Aber vielleicht ist dieser Mini Funken Hoffnung, denn man in der 1 Sekunde zwischen Silvester und Neujahr hat, doch zu frustrierend. Statt zu hoffen, dass alles besser wird, sollten wir feiern, was alles gut war im letzten Jahr, kleine Lichtblicke gibt es immer, oft muss man sie sich nur bewusst machen.

Und ein bisschen mehr Verständnis für unser gegenüber aufbringen, eh egal wo wir uns treffen, denn man kann nie wissen, wer einen grossen Überseekoffer mit Dingen „on top“ mit sich rumschleppt und deswegen mal nicht ein Like auf Karnevalsbild des Freundes/Freundin vergibt.

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